Die Heimat des Supermarktgemüses


Eine Reise ins Plastikmeer

 

Nicht umsonst wird diese Region „Mar del Plastico“ genannt, befindet sich dort doch flächenmäßig die größte Ansammlung von Plastikzelten und Gewächshäusern in Europa, die stetig weiter wächst.  Ein Großteil des Gemüses, das in unseren Supermärkten angeboten wird, ist von dort. Seit ich dort war und die Verhältnisse gesehen habe, kaufe ich nach Möglichkeit kein Gemüse mit dem Herkunftsort Almeria, El Ejido, Murcia, .... auch kein Biogemüse. Die gesamte Region leidet sehr unter Wassermangel, denn die ehemals riesigen unterirdischen Wasserreservoirs sind aufgebraucht. Auch wenn inzwischen die wassersparende Tröpfenbewässerung eingesetzt wird, reichen die natürlichen Vorräte nicht mehr aus, um die gigantischen Mengen an Gewächshäusern mit dem nötigen Nass zu versorgen.

 

Die Anwohner klagen über Kopfschmerzen und Atembeschwerden. Angeblich werden in den Zelten keine Pestizide versprüht. Das kann ich weder bestätigen noch widerlegen, obschon wir an einigen Stellen ebensolche Fässer entdeckt haben. Ich weiß aber, dass ich schon nach kurzer Zeit in den Zelten heftige Kopfschmerzen bekommen habe. Alles ist vollgemüllt, nicht nur mit illegal entsorgtem Plastik. Berge von entsorgtem Gemüse stinken die Gegend zu. In die Zelte, in denen Biogemüse angebaut wird, sind wir bisher nicht gekommen. Unsere Anfragen wurden allesamt abgelehnt.

 

Die Pflücker leben zum Teil unter wirklich schlimmen Bedingungen. Immer mehr illegale Dörfer entstehen inmitten der Plastikwelt. Die Hütten müssen die oft illegal eingereisten Arbeiter selber bauen. Und so entstehen Behausungen aus dem Gewächshausplastik, zusammengehalten von entsorgten Wasserschläuchen.  Fahrradspeichen dienen als Fernsehantennen.  Morgens kommen die Patrons um Arbeiter zu rekrutieren, die dann für Hungerlöhne den Tag schuften und leider müssen sie anschließend auch noch auf Bezahlung hoffen. Abends werden die illegalen Zeltdörfer von fliegenden Händlern angefahren, bei denen die Arbeiter Lebensmittel kaufen können. Die meisten haben kein Fortbewegungsmittel und die nächsten Orte sind weit weg. Die Müllcontainer sind übervoll, es stinkt zum Himmel. Die Wohnungen in den Dörfern können sich die (oftmals illigalen) Migranten nicht leisten. Und als Tagelöhner kommen sie auch nicht in den Genuss der Arbeiterwohnungen, die einige Bauern ihren Arbeitern zu Verfügung stellen.

Erstaunlich wie anpassungsfähig Menschen sein können. Die Familien zuhause, in Marokko oder sonst wo, ahnen nichts von diesem Leben in Europa. Ihnen wird eine andere Wahrheit erzählt.

 

An einer anderen Stelle in dieser Plastikwelt findet ganz normals Leben statt, da spielen Kinder, da wird gelacht, da werden die Schafe gehütet, Dressurlektionen geübt, man trifft sich in Bars auf eine Feierabend-Sisha und kauft im kleinen Supermarkt um die Ecke, der sich auf die Bedürfnisse der Arbeiter eingestellt hat.

 

Achtet doch beim nächsten Gemüseeinkauf mal auf die Herkunftsangabe um die Ausmaße der konfektionierten, industrialisierten Landwirtschaft zu erahnen. Und wenn ihr im Supermarkt die Wahl zwischen Bio (aus Almeria) und regional habt, entscheidet euch lieber für regional.

 

Ich habe inzwischen einen eigenen Gemüsegarten. Es ist mir eine große Freude und uns allen ein großer Genuss Gemüse und Obst aus dem eigenen Anbau zu  essen.

Da das leider nicht jeder haben kann, hier ein paar Alternative:

· im Bioladen , Hofläden, auf dem Wochenmarkt oder beim Händler des Vertrauens einkaufen.

· sich einer solidarischen Landwirtschaft anschließen, Infos hierzu: https://www.solidarische-landwirtschaft.org/

· für die Städter: urban garding projekte in eurer Nähe suchen, zb. https://www.ackerhelden.de, oder http://www.neuland-koeln.de/ ......

· sich den marktschwärmern anschließen. https://marktschwaermer.de/de

 

Bleibt aufmerksam und esst gesund!

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Kommentare: 4
  • #1

    Gudrun Otten (Mittwoch, 11 Juli 2018 16:22)

    Liebe Susanne, Du musst schon von sehr großer Liebe durchströmt sein, dass Du trotz all dieser Umstände solch grandiose Fotos zeigst. Ich finde sie atemberaubend. Es ist bizarr diese Dikrepanz in der Ästhetik, Deinem Stil und der Geschichte, die dahinter liegt, zu spüren. Da machst Du keinen Hehl draus. Man sieht mit Deinen Augen und trotzdem kann man nicht fassen, dass das Menschenwerk ist. Dein sensibler Blick zeigt brutale Realität. Toller Beitrag, der bewegt ... vielen Dank! Lieben Gruß von Gudi

  • #2

    Moni (Mittwoch, 11 Juli 2018)

    Liebe Susanne,
    Danke für tolle Fotos und deinen Bericht. Grundsätzlich bin ich immer lieber für regional - am liebsten bei der Marktfrau meines Vertrauens. Und manchmal verzichte ich lieber als irgendwelches vermeintlich gesundes bio Gemüse zu kaufen. Es braucht noch viel mehr Aufklärung und vor allem Bewusstsein! Danke dir! Lieber Grüße Moni

  • #3

    karin.nassauer@gmx.de (Donnerstag, 03 Januar 2019 14:11)

    Augen verschließen ist einfacher als sich mit etwas auseinandersetzen. Moderne Sklaverei für schlechte Produkte. Es macht mich einfach nur traurig.

    Es tröstet mich ein wenig, dass es doch noch Menschen gibt, die mit offenen Augen durch die Welt gehen.

    Danke, liebe Susanne

  • #4

    Dirk (Montag, 29 April 2019 12:57)

    Danke für diesen erhellenden Blogpost und die aufschlussreichen Fotos. Ich werde versuchen, in Zukunft noch mehr auf regional angebautes Gemüse zu achten.